Donnerstag, 23. Dezember 2010

Der Bavarische Rolling Stone - Weihnachtskonzert beim Stil-Wirt

Long Time - No Write! Na gut, nun muss es einfach sein; schließlich hat's so richtig Spaß gemacht.

Sieben Jahre und kein bisschen leise: Traditionell lud der Stil-Wirt, extraordinäres Gasthaus an der Wolnzacher Wendenstraße, zum Weihnachtskonzert, und traditionell griff – neben weiteren musikalischen Lokalgrößen – auch Wirt Georg „Muskel“ ("Musikel"?) Appel höchstpersönlich zum Instrument. Seine Mundharmonika begleitete Peter Trapp, der den Abend mit „Bookends“ von Paul Simon solo auf der Gitarre eröffnete: „… oh what a time it was!“

Nostalgie schwingt immer mit, wenn die beiden auf der Bühne stehen, und nach einigen beschaulichen Songs von Leonard Cohen ging es nahtlos über zu Bob Dylan, Neil Young, Van Morrison und Eigenkompositionen von Peter Trapp, der u.a. Fragmente aus Interviews mit dem legendären Filmemacher Rainer Werner Faßbinder zu einem mitreißenden Lied komponierte.

Ebenso nahtlos gesellten sich Hans-Peter „Titus“ Dittmar mit der E-Gitarre, Ralf „Dee“ Simon mit dem Bass und Rudi „Party-Pilot“ Randelzhofer mit dem Schlagzeug zu Peter Trapp und Georg Appel. Alten Stil-Weihnachtskonzert-Hasen war damit klar: Ab nun geht die Post ab – und zwar like a rolling stone!

Erscheinungen am Rande: Ludwig „Lugge“ Seitz, imaginärer Manager und Mentor der Musiker, bestellte überraschend den fünften Früchte-Tee des Abends, obwohl auch leckeres Augustiner-Dunkles zur Verfügung stand, und unserer Kamera schoss vor Begeisterung über dieses sensationelle Konzert in manchen Sequenzen die Farbe aus dem Gesicht; man möge den Qualitätsverlust also nachsehen – der Hochstimmung im Stil-Wirt kann auch diese „Ungeschicktheit“ nicht an den musikalischen Karren fahren! Im Übrigen empfehlen wir allen, die heuer nicht dabei waren: Das nächste Weihnachtskonzert beim Stil-Wirt kommt bestimmt!

Montag, 20. September 2010

Die Bavarische Verwandtschaft

Da fällt uns einfach nichts mehr ein - Irland, Shane McGowan und Christie Moore.
Dirty Old Town - Brüder im Geiste.
Wir lauschen sprachlos.



Und einige Jährchen früher, Shane again in a Dirty Old Town:



Wie gesagt, wir lauschen sprachlos. Irgendwann ...

Die Bavarische Macht (May the irxn be with you!)

Das neue Album „Vogelfrei“ ist eingespielt, und nun sind die Jungs von „Irxn“ wieder auf Achse – mit Stopp beim Stilwirt, und zwar unplugged. Die Augustiner-Quelle an der Wendenstraße in Wolnzach bot kaum mehr Platz für Nachzügler, denn „Irxn“, die Band, die bei ihren Auftritten jedes Mal fulminant beweist, dass sie den „Spirit of Bavarian Folkrock“ in sich trägt, hatte die Fans in und um die Hopfenmetropole bereits in einem früheren Konzert mit eben jenem Geiste infiziert – und nun lebte er wieder auf, in der Gaststube von Georg „Muskel“ Appel, der als Musiker natürlich weiß, was seine Gäste hören wollen.

Und German Heimrath, Reinhold Alsheimer, Peter Gschwandtner, Markus Traurig und Berni Maisberger trugen mit zwei Gitarren, Bass, Tuba, Schlagwerk, Geige und bayrischem Gesang kreative Klangfarben und brillante Arrangements in die musikalischen Herzen der begeisterten Zuhörer.

„Ochsentreiber“ und „Stehaufmandl“ tummelten sich musikalisch perfekt um die vier Lederhosen und den Schottenrock, und weil zwei Geburtstagskinder sich feierten beim Stilwirt, gab’s auch gleich ein furioses Ständchen für Boris und Frau G., die Katja mit den Zöpfchen, und wenn German, der Zigan, melancholisch aufspielt mit der Skelett-Geige, dann, ja dann tanzt Karin S. auf dem – wo sonst? – runden Stammtisch, der wohl schon einiges erlebt hat, und nach diesem Auftritt tanzte nicht nur der Tisch weiter (siehe Video!).



Ein Abend im Stil, der unvergesslich bleiben wird …
„Irxn“, der altbairische Name, steht für Kraft, für Irxn-Schmoiz, für die Power, die nicht nur aus der Achsel kommt – und die fünf brillanten Musiker ließen das spüren: Mit gefühlvoller Energie, leidenschaftlichem Ausdruck, musikantischer Lust und sprühender Spielfreude zelebrierten sie bravourös und rockig, folkig und mystisch, fetzig und melodiös ihren eigenwilligen Sound.

Der Stilwirt und seine Gäste erbebten auf der Welle, im Geiste des Bavarischen Folkrocks, und die Quelle, aus der der Augustiner floss, ließ die Herzen dann endgültig lächeln in der Hoffnung auf Zeiten, in denen man sich – unter Sternenkriegern – wieder begrüßen wird mit „May the irxn be with you!“ – oder, wie’s in einem Lied der fantastischen Gruppe mit bayerischem Spirit heißt: „I wünsch da Irxn!“

Beim Stilwirt war sie schon mal da – mit aller Macht!

Dienstag, 16. Februar 2010

Die Bavarische Erinnerung

Manchmal, da fallen mir Bilder ein ...

So lang ist die Erinnerung im vergesslichen wie schlauen Lande Bavarien, dass sie sich - einer verstörten Katze gleich - in den eigenen Schwanz beißt. Gerne sprechen bavarische Philosophen von der Inkompetenz der Petition und vergessen dabei, die etymologische Schlange an die penitable Wurzel heranzuführen, ein verzeihbares Vorstoßen in Bereiche der Kunst, deren Beackern selbst in weniger einfühlsamen Ländern mitunter, manchmal sogar häufig, ausgesprochenen Dummköpfen überlassen bleibt.



Wir sagen nur:

"Si tu vois mon pays,
Mon pays malheureux,
Va, dis à mes amis
Que je me souviens d'eux.

Ô jours si pleins d'appas,
Vous êtes disparus,
Et ma patrie, hélas!
Je ne la verrai plus!"

Oder, wie der verlogene Croupier der Lust gedankenlos ausplaudert: "Rien ne va plus!"

Samstag, 30. Januar 2010

Der Bavarische Malefiz und Harry Dorners Benefiz

So ganz genau weiß es hier niemand. Doch wir im köstlichen, zur Zeit von einer so beruhigenden wie Unschuld vorgebenden Schneedecke paralysierten Lande Bavarien, nähern uns der Wahrheit: Es gibt nur einen so geringen Unterschied zwischen Malefiz und Benefiz, dass Zweifel aufkommen bei den anerkanntesten Kräften im philosophischen Bereich und diese sonst duldsamen Denker mit sicherer Sichel die Existenz des Benefiz und respektive des Malefiz auf der blühenden Wiese des bavarischen Kulturlebens sukzessive (wie sonst?) auszumerzen trachten.

Einen Beweis für den unfassbaren Fortschritt im Gedankengut der bavarischen Philosophasterei lieferten Benefiz, Malefiz und Acoustic Rock mit Harry Dorner im Kunst-Café zu Wolnzach.

Die Philosophie des Abendlandes wird umgeschrieben: Während früher die Häufigkeit der fliegenden Gutachter über die Güte eines Produkts entschied, kristallisiert sich in diesen Zeiten immer mehr heraus, dass Qualität sich umgekehrt proportional zur Anzahl der Gäste definiert. So gesehen war das Benefiz-Konzert im Kunst-Café denn auch kein Malefiz-Konzert, sondern ein Highlight, das viele zu besuchen vergaßen, weil zeitgleich in der Tagesschau die aktuellen Bilder aus Haiti liefen.

Bewährtes professionell präsentiert: Harry Dorner ließ sich bei seinem vierten Konzert im Kunst-Café die Laune nicht verderben. Seine schwarze Gitarre, seine raue Stimme, dazwischen ein Glas spanischen Rotweins – acht Besucher wussten das zu schätzen und summten mit bei „Catch the wind“ von Donovan und „Desperado“ von den Eagles, und „This Hard Land“ von Bruce Springsteen zeigte, worum sich die Welt in diesem Malefiz-Benefiz-Konzert ebenso drehte.

Um ein hart getroffenes Land ging es im Spendenaufruf: Harry Dorner und Martin Günther vom Kunst-Café hatten beschlossen, die Gage-Spenden und einen Anteil an Speisen und Getränken über das „Bündnis Entwicklung hilft“ an die Erdbebenopfer von Haiti weiterzuleiten. Exakt 100 Euro zählte man im Spendentopf, und das ist, wenn man die 400 Mio. von 82 Mio. Deutschen (inklusive Regierung) zum Vergleich heranzieht (4,87 Euro/Person), dann gar keine so schlechte Quote (12,50 Euro/Person), die noch dazu die These von der reziproken Relation unterstützt: Je weniger Fliegen, desto offensichtlicher die Wahrheit.

Dass man bei den Konzerten im Kunst-Café auch etwas lernen kann, belegte ein Gast, der zu später Stunde die These verbreitete, man könne auch im Winter (im Freien!) grillen und auf http://www.grillsportverein.de/ durchaus noch etwas zu diesem Thema teilweise umwerfend witzig erfahren.



Einfach so, einfach weil auch er gut ist ...

Sonntag, 24. Januar 2010

Die Bavarische Lesung

Oben und unten trafen sich bei „incontri“ – eine Begegnung mit Lesezeichen zeigte uns, woher der Wind im zwar glorreichen, aber für den Dummkopf unlesbaren Lande Bavarien tatsächlich weht. Fazit: Noch nicht verloren ist das Land – man liest noch!


Der Mensch, so erleben wir an besonderen Tagen, hat zwei Arme, zwei Beine und zwei Klappen. Eine ist die Herzklappe, die andere ist die Klappe, die er nicht halten kann – und dies gewährleistet erstens, dass diejenigen, denen keiner mehr zuhört, sich hinsetzen und aufschreiben, was diejenigen, die es können, dann, zweitens, vorlesen und so, wie Christian Weigl, Nora Seiler, Lena und Lorenz Kettner ein Zeichen setzen: ein „Lesezeichen“.

„Lesezeichen“, so nennt sich die Gruppe um Lorenz Kettner, die bereits seit Jahren Literaturfreunde mit ihren Lesungen in den Bann zieht und denjenigen, denen Zeit oder Lust fehlt, selbst zu lesen, diese Zeichen setzt: Lesezeichen mit dezentem Hinweis, was denn der Mensch von heute außer Armen, Beinen und Klappen noch so brauchen könnte an Literatur und Bildung – Herzensbildung neben Herzensklappe.




„Ihr da oben – wir da unten“ heißt das neue Programm, und die vier Vorleser thematisierten auf der Bühne bei „incontri“ in der KulturWerkHalle in Rohrbach „Herren und Diener“ in der deutschsprachigen Literatur. Dass man dazu die schon erwähnten Arme und Beine bestens gebrauchen kann, bewiesen nicht zuletzt Nora Seiler und Christian Weigl, die einen Sketch von Loriot mit „Liebe im Büro“ als einen von ungezählten Höhepunkten des Abends handgreiflich zur Aufführung brachten.

Goethes „Prolog im Himmel“ schlug einen brillanten Haken zu Robert Gernhardts „Der Herr rief: ‚Lieber Knecht, / mir ist entsetzlich schlecht!’ / Da sprach der Knecht zum Herrn: ‚Das hört man aber gern!’“, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, dem ein Individuum an und für sich sei, wenn es für ein anderes an und für sich ist, maulte als Lesezeichen über die Kammerdiener, die ihrem Herrn schon zu oft in die Schuhe oder ins Bett geholfen haben, als dass sie ihn noch als Helden wahrnehmen könnten, und wieder einmal demonstrierte Christian Weigl seine österreichischen Sprachfertigkeiten, indem er einen Herrn Qualtinger, nein: einen „Herrn Karl“ wiederauferstehen ließ.


So las die Gruppe, mal heiter, mal ernster, doch stets faszinierend durch 200 Jahre Literatur, bis bei Josef Roths „Radetzkymarsch“ – ein Stück, an dem, so Lorenz Kettner, „unser Herzblut hängt“ – das unverhofft klingelnde Handy eines Gastes mit einer Melodie aus „Carmen“ nicht nur den Untergang des k.u.k.-Reiches bestätigte, sondern den endgültigen Untergang des Abendlandes einleitete und in die Pause führte.


Nun werde es lustiger, versprach Lorenz Kettner mit dem Lächeln des Mephisto für den zweiten Teil, und tatsächlich, es ging: eine Krankenhaussatire (Klaus Peter Schreiner) aus dem Jahre 1968 (!) schüttelte das Publikum minutenlang wie eine Armada kleiner Lachsäckchen, und mit Hugo Wiener, Komponist, Librettist, Kabarettist, Autor und Pianist aus Wien (!), und seinem irrwitzigen Restaurant-Stück „Wünschen der Herr zu speisen?“ spielte das „Lesezeichen“ sich und das Publikum in der ausverkauften KulturWerkHalle an die gar nicht so weit von der Realität entfernte Wand des Wahnsinns. Herren und Knechte erstanden in allen Variationen, und immer erhellte sich – der Gerechtigkeit der Natur sei Dank – der signifikante Unterschied, dass der Knecht verzweifelt auf der Suche nach einem Frühstück für seinen Appetit ist, während der Herr sich noch verzweifelter nach einem Appetit für sein Frühstück verzehrt.

Viel zu schnell war Schluss, und wir nun nehmen jede Wette an, dass keiner der hingegeben lauschenden Gäste an diesem Abend nach Hause ging, um Unfug zu treiben – es sei denn mit der Nase in einem Buch!


Diesen Artikel finden Sie auch auf http://www.hallertau.info/