Habe ich schon mal erwähnt, dass mit der Entwicklung des
elektrischen, des automatischen Fensterhebers in Kraftfahrzeugen der
bevorstehende Untergang des Abendlandes endgültig eingeleitet worden ist? Es
ist so!
Man spare Bewegungsenergie und Zeit, hieß es damals, das
lästige Kurbeln falle weg, dass sich jemand das Handgelenk auskugelt, weil der
Sitz zu weit vorne platziert ist, wurde praktisch ausgeschlossen, und man habe
die Hände frei für wichtigere Dinge – verzweifelt aus dem Fenster winken zum
Beispiel, wenn das Steuergerät versagt, die Scheiben sich auf halber Höhe
festfressen, eisiger Dunst ins Fahrzeuginnere dringt und bei Minusgraden innen
an der Windschutzscheibe gefriert. Da hilft auch keine Klimaanlage mehr – noch
so eine Erfindung, die der Erderwärmung nichts, aber auch gar nichts
entgegenzusetzen hat. Sollte der bemitleidenswerte Fahrer es mit steif
gefrorenen Ohren bei mäßiger Geschwindigkeit – Zeit hatte er ja genug gespart –
tatsächlich noch in die Werkstatt schaffen, droht der nächste Schock: „Unter
Umständen“, lächelt ein Blaumann, „unter Umständen müssen wir das Steuergerät
austauschen“. Wir. Ich will gar nicht wissen, was ein Steuergerät kostet. Mich.
Außerdem ist Sommer.
Das Steuergerät im Zigarettenautomaten meines Vertrauens
jedenfalls funktioniert hervorragend. Entgegen der landläufigen Meinung regelt
diese Einheit das Einlesen meiner Kontokarte und den korrekten Auswurf der gewählten Marke. Wer glaubt, dieses Gerät
lege den Steuersatz fest, hat meine Theorie vom Untergang des Abendlandes noch
nicht begriffen. Der Steuersatz ist in Ordnung. Er liegt bei rund 73 %
des Verkaufspreises und setzt sich – beispielsweise bei einer Schachtel
Zigaretten für 5 Euro – zusammen aus 2,85 Euro Tabaksteuer und 0,80 Euro
Mehrwertsteuer. Der Rest – 1,35 Euro – ist Zigarette.
Der Untergang des Abendlandes liegt im Automaten an sich
begründet. Wer jetzt im Morgenland anfängt, hämisch, voller Vor- und
Schadenfreude die Hände reibend, zu überlegen, an welchem Mittelmeerstrand er –
bei postapokalyptischen Grundstückspreisen – seinen prächtigen Sommerpalast
errichten werde, der halte gleich wieder inne: Die Theorie des Untergangs gilt
von null Uhr null bis Mitternacht und überall. Es gibt ja auch überall
Automaten.
Automaten sparen Zeit und Bewegungsenergie – und damit
natürlich ebenso Geld. Ich könnte als Raucher im Kaffeehaus festfrieren, müsste
nur ab und zu vor die Tür, um eine durchzuziehen – und käme dabei wie
automatisch am Automaten vorbei, der meinen Nachschub bereit hält. Der Weg zum
Tabakladen – und zurück – dauerte mindestens sieben Minuten, die Beine und Arme
müssten bewegt werden (was, Expertenrufen aus Krankenkassen zufolge, nicht
ungesund wäre und speziell Rauchern zu empfehlen), und im Laden wäre zumindest
ein Minimum an sprachlicher Kommunikation nötig, falls der Raucher nicht in der
Lage ist, präzise zu deuten und die Anzahl der gewünschten Schachteln mit
Fingern zu vermitteln – ein Haufen Zeit und Bewegungsenergie.
Die Geschichte mit dem Geld funktioniert folgendermaßen:
Während der Mensch im Tabakladen für eine Schachtel meiner favorisierten
Zigaretten 4,90 Euro verlangt, nimmt der Automat meines Vertrauens die runde
Summe von 5 Euro – mit einem weiteren Unterschied: Die Ladenschachtel enthält
19 Stäbchen, die Automatenschachtel wartet mit 20 Stück auf. Jetzt können Sie
rechnen: Dass die automatische Zigarette exakt 0,25 Euro kostet, schaffen wir
noch im Kopf. Die Überraschung aber liefert der Taschenrechner: Die erlaufene
Zigarette kostet 0,25789 Euro, ist also wesentlich teurer; daraus folgt: Der
Automat hilft uns sogar Geld sparen – was zu beweisen war.
Geld, Zeit, Energie: Ich freue mich auf dem Tag, an dem das
Steuergerät in meinem Automaten mal nicht so funktioniert, wie es soll, und
stattdessen berechnet, mit wie vielen Zigaretten aus dem Automaten ich 0,00789
Euro sparen muss, damit der Mensch im Tabakladen, wenn er denn schon eingespart
werden soll, auch was wert ist – und wie lange das erwartungsgemäß dauern wird.
Die Antwort ist einfach: bis zum Untergang des Abendlandes.
Grob geschätzt.