Freitag, 27. Januar 2023

 

Wie ein Falke in die Lüfte stieg mein Herz, als ich heute Morgen im DK las, dass sich der legendäre Chinesenfasching in Dietfurt Vorwürfen des Rassismus und der kulturellen Aneignung ausgesetzt sieht. Das Städtchen im beschaulichen Altmühltal feiert seit mehr als 70 Jahren den Fasching mit einem Umzug in chinesischen Kostümen und chinesisch anmutendem Ambiente. Und nun das: https://epaper.donaukurier.de/webreader-v3/index.html#/490242/11

Da stürzte mein Herz sich wie ein Geier auf die neuesten Meldungen der bairischen Nachrichtenagentur “whotSepp”: Demnach werden die Dietfurter ihren Umzug auch dieses Jahr noch – trotz der Vorwürfe – in origineller Eigenregie durchziehen, denn spontane Pläne in Verhandlungen mit dem Reich der Mitte, den Umzug mit originalen Chinesen abzuhalten, seien wegen der Kürze der Zeit mit filigranen und kinesiologistischen Schwierigkeiten behaftet, so dass man vorerst davon Abstand nehme; auf vorgeschlagene, zeitnah lieferbare Originale aus Beständen in chinesischen Lagern habe man aus menschlich nachvollziehbaren Gründen verzichtet.

Wie “whotSepp” weiter meldet, sei in Dietfurt für 2024 geplant, den Umzug in Richtung “Scheichs und Beduinen” zu variieren, rechne aber bereits jetzt mit erheblichen Widerworten aus dem Internet, da Scheichs zwar Geld und Öl mitbrächten, aber auch einen Dolch im Gewande hätten. Und Beduinen? Herumziehende Nomaden, die uns das Geld und das Öl und vielleicht sogar die Dolche wieder wegnehmen?

Aber 2025! “Piraten”! Zahlreiche Piraten, die sich rund um den Starnberger See in ihren Ruhestandsvillen langweilen, hätten der Dietfurter Anfrage bereits begeistert Zustimmung signalisiert, allerdings in aller Bescheidenheit darauf gedrängt, zur Krönung des seeräuberischen Klamauks zusätzlich und in ausreichender Anzahl noch aktive Kollegen einzuladen, die derzeit auf allen sieben Meeren und speziell vor der Küste Somalias im Einsatz für die gute Sache seien.

Original-Piraten in Dietfurt, das möchte ich sehen. Auch wenn dann relativ wenige Eingeborene aus dem Altmühltal und sonst woher als Zuschauer zugegen sein werden, um den dunklen Piratinnen und Piraten zuzuwinken – ich werde da sein. Obwohl mir ganz banale Maschkara auch lieber wären.


Dienstag, 8. Januar 2013

Der Bavarische Face(book)blitz

Was passiert gerade, Lorenz? --- Ha? --- Hohoho, das bin ja ich! --- Ja was?

Also gut: Mein Spiegel verblitzt mir die Augen wie ein kompletter Kasten Augustiner {o erinnere dich: „Des Augusts klares Gluckern nebst des Vergasers Kompression“ – o Schos, du Ritzel-Gott am Magnetschalter, 60-jährig, aus der Straße der Elsenheimer, Home von den Elfen und of the Leprechauns}, meine Tochter erscheint als Scherenschnitt und ich freu mich schon auf den Kinobesuch mit ihr beim Hobbit 3D, die Kontoauszüge sind immer noch nicht eingeordnet (Schubladenguck!), Zigarettenfilter möchten in Papier, mit Tabak, eingelullt werden, ein blitzescharfes Skalpell scharrt in der Erdnussdose (gesalzen, nicht die Dose), und irgendwo singt Greg Lake (http://www.youtube.com/watch?v=Nm7-cysfE2c) vom Lucky Man, dem’s auch nichts genützt hat; dann kommt auch noch Peter Green, Man Of The World (http://www.youtube.com/watch?v=5Y7uB9Z9M0c) dazu, ja Meiomei und Albatros. Den Herd passiert gerade eine Broccolicremesuppe, doch sonst, Herr Fatzebock, sonst passiert nichts. Bei mir – aber bei dir, bei dir: Was passiert da gerade, Facebook?

Du bist ein Feigling, und wir schmeißen uns dir zu Füßen, unglaublich, und ich mittendrin, zwischen Schwallzwang und Zehenschweiß:
He went to fight wars / For his country and his king / Of his honor and his glory / The people would sing.
Uuuuuh what a lucky man ... [jaja!]
A bullet had found him / His blood ran as he cried / No money could save him / So he laid down and he died.
Uuuuuh what a lucky man ... [jaja!]

Und weiter geht’s:
Shall I tell you about my life / They say I'm a man of the world.

Lass sie reden. Lass sie schwallen. Schwalle mit. Die Suppe ist fertig, du hältst immer noch die Klappe; da hätt ich ja gleich im Café Hipp bleiben können, da war’s wenigstens lustig heut Nachmittag.

Ach, Facebook, habe nun, ach!

Montag, 31. Dezember 2012

Das Bavarische Gripperl

So ein Jahr gewinnt nicht an Bedeutung, auch nicht, wenn ich nach dem Besuch an der metaphorisch bethlehemitischen Krippe, am Kripperl, für die letzten Tage in 2012 von einer Drohne infiziert werde, viral und hinterhältig, von einem Gripperl, das mir zwar jede Freude auf 2013 unter den Füßen wegzieht, aber gleichzeitig ein bisschen Genugtuung ins Herz träufelt: Wenn schon nicht den mayaesken, so hab ich doch wenigstens den lorenzinischen Weltuntergang – gerade noch rechtzeitig – geschafft.

Aber gut, so sei es gewollt, Abschied vom Stall, die Zeiten sind vorbei, nichtsdestotrotz und in kräuselndem Erinnerungsflug (v.l.n.r.): der Joseph (Schlapphut, in Gedanken versunken: „Wo bin ich hier?“); der Heilige-Drei-König (ein Herrscher, drei Hände; in der einen: Weihrauch [Tablette, Blutdruck senkend]; in der zweiten: Gold [sternenförmig]; in der dritten: Myrrhe [kleinasiatisches Gebüsch]); die Krippe (Jesuskind inside, kein weiterer Kommentar); die Maria (auf einem Stuhl sitzend; ein Entgegenkommen, weil: geschwächt von der Geburt); der Esel (er ist der Einzige, der singt); der Ochs (ihm fehlt alles, insbesondere das richtige Wort); das Schwein (rotschwänzig und vollkommen überflüssig); darüber ein Vogel auf Gestütz (überflüssiger als ein Schwein und die Starfighter [Bethlehemitische Sternenkrieger {lauter Gute}] symbolisierend); davor, vor allem, die Schafe: in der Mitte und rechts zwei Unschuldslämmchen, links aber, das größte unter ihnen, wie Glaube, Hoffnung und Liebe, ist Owie, bekannt aus dem längst vergessenen Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“, und Owie lacht – noch immer, und immer wieder …

Freitag, 21. Dezember 2012

Der Bavarische Kontrast: Weihnachtskonzert mit Dudelsack

Es ist Legende, Tradition: Wenn Weihnachten vor der Tür steht, findet hinter der Tür des Stil-Wirts an der Wendenstraße ein Konzert der Extraklasse statt. Der Wirt – Georg „Muskel“ Appel, begnadeter Musiker – greift zur Mundharmonika und beschert seinen Gästen mit der „Peter Trapp Band“ – unbändige Spielfreude – ein musikalisches Geschenkpaket.
 
„Wir sind“, fasste Peter Trapp zu Beginn des Abends zusammen, „wie ein altes Ehepaar, das sich schon seit zehn Jahren auseinanderlebt“. Die Ironie des Gitarristen bezog sich dabei nicht nur auf seine Duos mit Georg Appel, sondern beschrieb ebenso die gemeinsamen Auftritte mit der Band: „Das sind Musiker mit Spielfreude implantiert; wenn du zu denen sagst, spielt mal ohne Spielfreude, dann halten sie das gerade mal vier Takte durch!“
Als da wären als freudiger Beweis: Hans-Peter „Titus“ Dittmar mit der E-Gitarre, Ralf „Dee“ Simon mit dem Bass und Rudi „Party-Pilot“ Randelzhofer mit dem Schlagzeug – und los ging’s unter dem Motto „Kontraste“ mit Songs von Liebe und Leid, vom sentimentalen Country-Blues-Himmel tauchten die Lieder in die offensive Blues-Rock-Hölle – und das Ganze mit Rückfahrkarte in die brechend volle Stube des Stil-Wirts. „Kompakt“ nannte Peter Trapp als Parallel-Motto, ließ dennoch zwischen den Liedern humorig verschnörkelte Dialoge der Musiker einfließen wie Wellenbrecher, aber: „Manch einer will ja morgen wieder in die Arbeit; also weiter!“ Cohen, Dylan, Hank Williams, Eigenkompositionen – und, zärtlich verteilt wie Perlen auf blutrotem Samt, zwei Hits der legendären Wolnzacher Band „A Baker’s Dozen“ um den „frühen“ Georg Appel.

„i-Tüpfelchen“, Schlusspunkt auf dem musikalischen Sturm im Stil-Wirt war der Auftritt von Erden: Der türkisch-stämmige Programmierer, der sonst bei der Software-Factory ContentServ in Rohrbach am Schreibtisch sitzt, intonierte als Überraschungsgast auf dem Dudelsack einen schottischen Marsch, der in einem gemeinsamen „Amazing Grace“ mit der „Peter Trapp Band“ ausklang.
Internationaler geht’s kaum, schöner geht’s kaum; Weihnachten kann also kommen – die Tür ist auf!

Mittwoch, 7. November 2012

Die Bavarische TR’IRXN: Keltenrock und Geigenpower

Nackt an der Himmelstür zu klopfen, mag Wunsch oder unausweichliches Schicksal sein – beim IRXN-Konzert war es das Schlussstück, in bajuwarischem Idiom: „Naggat an da Himmesdüür“, und da geht auch nichts mit einem Bob-Dylan-Knocking, da wird ordentlich „genackelt“ an den Türen beim Stil-Wirt!

Vier alte Hasen und eine neue Geigerin: Ob der Hase ein keltisches Krafttier ist, muss offen bleiben; fest steht, dass Trixi Weiss, die neue Geigerin, die den eigene Wege gehenden German Heimrath bei IRXN ersetzen durfte, sich kraftvoll eingeführt hat in die Irxn, in jenes Kraftpaket, das sich aus dem bairischen Wort für Achsel schnürt und eigentlich das dieser innewohnende „Irxnschmoiz“ meint.



IRXN: Das ist Bernie Maisberger, Gitarrist und Sänger, der auch für die Texte zeichnet, die, poetisch und provokant verpackt in einen musikalischen Mantel aus keltischer Mythologie, ungarischen Zigeunerklängen und bajuwarischen Folk-Rock, ein Füllhorn an Geschichten in die wieder einmal volle Stube des Stil-Wirt schütteten; das sind der donnernde Bass und die allmächtige Tuba von Peter Gschwandtner, und das ist Markus Traurig, der – non est nomen omen – in aufblühender Spielfreude ein wuchtiges rhythmisches Feuer entfacht – und das nur mit Becken, Cajón und Bongos bewaffnet; das ist Reinhold Alsheimer, Gitarrist, Wolnzacher und fränkisch-bajuwarischer Kelte im Schottenrock, dessen Instrument – bisweilen magisch –Takt und Rhythmus zusammenhält.

TRIXIRXN, Trixi und Irxn, TR’IRXN: Das ist nun auch Trixi Weiss, helle Geigerin im schwarzen Keltenkleid. Noch hielt sie sich wohl ein bisschen zurück mit ihrem Instrument, in einigen Passagen aber ließ sie doch ihr Talent, ihren Mut zur spontanen Improvisation aufblitzen, als sie mit Reinhold Alsheimers Gitarre in den Off-Beat schmeckte, bis sie der Takt der IRXN wieder aufnahm im mächtigen Strom dieses „Celtic Bavarian Hardfolk“. Trixi Weiss wird kommen, mit „Irxnschmoiz“ und Geigenharz, das zeigte ihr souveräner Auftritt beim Stil-Wirt kraftvoll und deutlich.
Auch ein mitreißendes Konzert hat mal ein Ende, und ein perfektes Konzert gehorcht – völlig frei von Ironie – dem Grundsatz „Wenn man aufhört, ist es am Schönsten“: Denn dann kommt Wirt „Muskel“ Appel auf die Bühne, bringt seine Mundharmonika mit und intoniert mit „Irxn“ und IRXN „Knocking On Heaven’s Door“ – auf Bairisch, bis die Wände „nackeln“, weil die Nackten klopfen an der Himmelstür und das Publikum nicht mehr aufhören will zu klatschen.

Dann kann nichts mehr kommen – außer, wie es in einem wunderschönen Song dieses IRXN-Abends hieß, wir lassen Drachen steigen und lachen uns Tränen ins Herz. Bis zum nächsten Mal und dann wieder!




Dienstag, 6. November 2012

Bavarisch aufrecht sei der Mensch – lobreich und gut


Also gut, das hatten wir schon mal: Der Hauptplatz sei „rechteckig wie eine Haustüre“, so beginnt der Roman „Der Zwischenfall“ von Joseph Maria Lutz. „Oben steht die Kirche mit einem hohen Turm“, schreibt er weiter, „unten schließt das Rathaus den Platz ab. Auf dem Marktplatz haben die Geschäftsleute ihre stolzen Häuser, und dazwischen stehen, rechts und links gerecht verteilt, acht Brauereien“. Ja, Pfiefkas, wieder eine weniger!


Die Zeiten ändern sich; „the times they are a-changing“ singen ein paar wilde Gestalten am Marienbrunnen, doch ahnen sie es damals bereits, als ihre Stimmen sich – von der Freude über das bestandene Abitur beschwingt, geölt von jenem billigen, leicht perlenden roten Wein aus dem nahen Lebensmittelladen, den übrigens auch der Zahn der Zeit weggefressen hat – in den Nachthimmel der frühen 70-er Jahre erhoben, dass auch der „Bortenschlager“, dieses zu den besten Häusern am Platz gehörende Gasthaus, den Weg alles Irdischen zu gehen hat? Sicher nicht. Denn diese jungen Herrschaften nämlich, zum Teil gar Mitglieder des ersten Abiturjahrgangs am kaum ein Jahrzehnt zuvor gegründeten Schyren-Gymnasium, durften in den Räumlichkeiten des „Bortenschlager“ die mehr oder weniger offizielle Feier ihrer Matura begehen, eines Zeugnisses, das immens gewichtig die Vergangenheit mit einer großen Zukunft verbindet. Erschwerend – für langen Bestand im ja eher zur Flüchtigkeit neigenden Schülergedächtnis – kam noch hinzu, dass die Gassenschänke dann, wenn des roten Weines letztes Tröpfchen über den Flaschenhals gekippt war, stets ein offenes Ohr hatte und eine gnädige Hand, die, auf klingelnde Anforderung, ein abschließendes Flaschen-Bier reichte für die Feiernden am Brunnen, der damals bei Insidern trotzdem vorübergehend den Namen „Fontana di Lambrusco“ tragen durfte – warum also sollte ausgerechnet dieses Gute vergehen?


Die Zeiten sind vorbei. Die Zeiten sind immer vorbei, wenn wir den Blick nach hinten richten. Genug der Nostalgie. Die Kugel, auf der wir unser Bier und unseren Wein trinken, dreht sich weiter – Gejammer hin, Gejammer her –, ob wir es wollen oder nicht. Das Gute geht, das Gute kommt ¬ mit aufrechtem Gang, so wie es sich auch für einen homo erectus gehörte, der frech behauptet, er hätte die letzten zwei Millionen Jahre dazu genutzt, sich zum homo sapiens fortzubilden. Lasst uns also lobreich in die Gegenwart blicken und nicht ständig rummäkeln an dem, was früher scheinbar viel besser war und heute so ist, wie es ist.

Schön und gut, wird der durchreisende Architekt sagen, aber wäre nicht eine Fassade im neoromantischen Stil näher am Original gewesen, hätte diese nicht viel mehr den Geist der alten Brauerei Bortenschlager widergespiegelt, den Esprit des Fasses und des Bieres klares Gluckern? – Schön und gut, wird der durchreisende Esoteriker sagen, hätte es nicht auch ein bescheidener Tempel der Kontemplation getan, mit Sphärenklang und Schalengong? Musste es denn wirklich ein K&L sein, mit Jobcenter und Arge?

Ja. Außerdem bleibt uns immer noch der Marienbrunnen, in dem jetzt die Enkel derer plantschen, die ihn vor vier Jahrzehnten „Fontana di Lambrusco“ nennen durften. Und irgendwann, wahrscheinlich 2112 im März, wenn Bagger rollen und der K&L einem Fresstempel – in spaciger Optik und mit Mini-Plutonium-Kraftwerk auf dem Flachdach – weichen muss, sitzen bestimmt mäkelnde Urururur-Enkel am Marienbrunnen und seufzen: „Meiomei, der K&L, war er nicht schön?“

Wenn ich das noch erleben dürfte.

Dienstag, 7. August 2012

Der schachterlweise Untergang des Abendlandes

Habe ich schon mal erwähnt, dass mit der Entwicklung des elektrischen, des automatischen Fensterhebers in Kraftfahrzeugen der bevorstehende Untergang des Abendlandes endgültig eingeleitet worden ist? Es ist so!
Man spare Bewegungsenergie und Zeit, hieß es damals, das lästige Kurbeln falle weg, dass sich jemand das Handgelenk auskugelt, weil der Sitz zu weit vorne platziert ist, wurde praktisch ausgeschlossen, und man habe die Hände frei für wichtigere Dinge – verzweifelt aus dem Fenster winken zum Beispiel, wenn das Steuergerät versagt, die Scheiben sich auf halber Höhe festfressen, eisiger Dunst ins Fahrzeug­innere dringt und bei Minusgraden innen an der Windschutzscheibe gefriert. Da hilft auch keine Klimaanlage mehr – noch so eine Erfindung, die der Erderwärmung nichts, aber auch gar nichts entgegenzusetzen hat. Sollte der bemitleidenswerte Fahrer es mit steif gefrorenen Ohren bei mäßiger Geschwindigkeit – Zeit hatte er ja genug gespart – tatsächlich noch in die Werkstatt schaffen, droht der nächs­te Schock: „Unter Umständen“, lächelt ein Blaumann, „unter Umständen müssen wir das Steuergerät austauschen“. Wir. Ich will gar nicht wissen, was ein Steuergerät kostet. Mich. Außerdem ist Sommer.

Das Steuergerät im Zigarettenautomaten meines Vertrauens jedenfalls funktioniert hervorragend. Entgegen der landläufigen Meinung regelt diese Einheit das Einlesen meiner Kontokarte und den korrekten Auswurf  der gewählten Marke. Wer glaubt, dieses Gerät lege den Steuersatz fest, hat meine Theorie vom Untergang des Abendlandes noch nicht begriffen. Der Steuersatz ist in Ordnung. Er liegt bei rund 73% des Verkaufspreises und setzt sich – beispielsweise bei einer Schachtel Zigaretten für 5 Euro – zusammen aus 2,85 Euro Tabaksteuer und 0,80 Euro Mehrwertsteuer. Der Rest – 1,35 Euro – ist Zigarette.
Der Untergang des Abendlandes liegt im Automaten an sich begründet. Wer jetzt im Morgenland anfängt, hämisch, voller Vor- und Schadenfreude die Hände reibend, zu überlegen, an welchem Mittelmeerstrand er – bei postapokalyptischen Grundstückspreisen – seinen prächtigen Sommerpalast errichten werde, der halte gleich wieder inne: Die Theorie des Untergangs gilt von null Uhr null bis Mitternacht und überall. Es gibt ja auch überall Automaten.

Automaten sparen Zeit und Bewegungsenergie – und damit natürlich ebenso Geld. Ich könnte als Raucher im Kaffeehaus festfrieren, müsste nur ab und zu vor die Tür, um eine durchzuziehen – und käme dabei wie automatisch am Automaten vorbei, der meinen Nachschub bereit hält. Der Weg zum Tabakladen – und zurück – dauerte mindestens sieben Minuten, die Beine und Arme müssten bewegt werden (was, Expertenrufen aus Krankenkassen zufolge, nicht ungesund wäre und speziell Rauchern zu empfehlen), und im Laden wäre zumindest ein Minimum an sprachlicher Kommunikation nötig, falls der Raucher nicht in der Lage ist, präzise zu deuten und die Anzahl der gewünschten Schachteln mit Fingern zu vermitteln – ein Haufen Zeit und Bewegungsenergie.

Die Geschichte mit dem Geld funktioniert folgendermaßen: Während der Mensch im Tabakladen für eine Schachtel meiner favorisierten Zigaretten 4,90 Euro verlangt, nimmt der Automat meines Vertrauens die runde Summe von 5 Euro – mit einem weiteren Unterschied: Die Ladenschachtel enthält 19 Stäbchen, die Automatenschachtel wartet mit 20 Stück auf. Jetzt können Sie rechnen: Dass die automatische Zigarette exakt 0,25 Euro kostet, schaffen wir noch im Kopf. Die Überraschung aber liefert der Taschenrechner: Die erlaufene Zigarette kostet 0,25789 Euro, ist also wesentlich teurer; daraus folgt: Der Automat hilft uns sogar Geld sparen – was zu beweisen war.

Geld, Zeit, Energie: Ich freue mich auf dem Tag, an dem das Steuergerät in meinem Automaten mal nicht so funktioniert, wie es soll, und stattdessen berechnet, mit wie vielen Zigaretten aus dem Automaten ich 0,00789 Euro sparen muss, damit der Mensch im Tabakladen, wenn er denn schon eingespart werden soll, auch was wert ist – und wie lange das erwartungsgemäß dauern wird.

Die Antwort ist einfach: bis zum Untergang des Abendlandes. Grob geschätzt.