Mittwoch, 7. Dezember 2011

Der Bavarische Dad Horse und Hannos gestimmte Zimbeln



„Stimmt’s, Hanno?“ – „Is‘ richtig“, sagt Hanno. Banjo, Mandoline, Dad Horse Ottn, ein rot-weißes Megaphon und Hanno am Schlagzeug. Zwei Anzüge, zwei Krawatten auf der imaginären Bühne im Stil-Wirt, und bevor Dad Horse zum Banjo greift, zieht er die Schuhe aus. Sein Basspedal wünscht Zehenspitzengefühl.

Seine Songs sind Geschichten, und die launigen Geschichten, die Dad Horse, bürgerlich Dirk Ottn, dazwischen mit trockenem Humor erzählt, lakonisch und treffsicher, nisten sich in den Ohren ein wie lyrische Lieder. Gospel, Country, Folk – ein wunderbarer Mix, der beim Stil-Wirt lässig daher kommt wie eine urwüchsige, eigenständige Musikrichtung.

„Die Zimbeln gestimmt, Hanno?“, fragt Dad Horse seinen Schlagzeuger, und Hanno Jansen senkt bedächtig bejahend den Kopf. Und dann legen sie los mit „Dead Dog on the Highway“, das Banjo treibt Trucks über die Straße, Hannos Zimbeln halten sie in der Spur. Ein Glücksgriff ist dieser Mann für Dad Horse, der sonst alleine tourt, denn Hanno, mit pastoralem Jungengesicht, hält die fliegenden Noten-Teppiche in der richtigen Höhe, ein elegischer Hirte am Schlagzeug, der seine Schafe, die Zimbeln, klingen lässt und zwischendurch jenes rot-weiße Megaphon, mit ausklappbarem Haltegriff, an die Lippen führt, um Dad Horse vokal zu unterstützen.




„Wir reisen die Straße entlang und fotografieren die Holzkreuze am Wegesrand“, charakterisieren sich die beiden Musiker, kündigen ein Lied – noch ein trauriges! – an über ein ausgetrocknetes Flussbett, und Dad Horse philosophiert mit eukalyptischem, schlitzohrigen Humor: „Was lernen wir daraus?“ Nicht aufgeben dürfe man die Hoffnung, komme, was da wolle, und dann kommt „Lord must fix my Soul“ zum Mitsingen. Die Wirtsstube mutiert zum Gospelchor, die Gäste schwingen mit, wenn Dad Horse die bösen Seiten der Menschen besingt – alles ist so schräg und traurig, dass man verrückt werden möchte mit Engelsflügeln, und beim Anblick von Hanno, der seine idiophonen Instrumente mal sachte streichelt, mal entschlossen schlägt, versteht man urplötzlich, dass er nur deshalb so abwesend wirken kann, weil er so absolut präsent am Schlagwerk sitzt.

Als wäre das alles nicht genug: Die letzte Zugabe auf ein wunderbares, kommunikatives Konzert zieht den Wirt auf die Bühne, auf jene imaginären Bretter, die – bei all der zelebrierten Traurigkeit – gelassene Lebensfreude bedeuten, denn die begeisterten Gäste fordern kräftig Beifall klatschend nun einen Cameo-Auftritt seiner Mundharmonika. Und dann legen sie ein letztes Mal los, Dad Horse Ottn am Banjo, Hanno Jansen an den Zimbeln und Georg „Muskel“ Appel an der Mundharmonika: „I Saw the Light“ fetzt durch die Stube, alle singen mit, irgendwie und irgendwo sogar Hank Williams, und jetzt, wo alles vorbei ist, sehen und hören wir es noch immer, dieses musikalische Licht in der Stube beim Stil-Wirt.

„Stimmt’s, Hanno?“ – „Is‘ richtich“, sagt Hanno. Sacht Hanno.

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