Freitag, 20. Januar 2012

Das Bavarische Mehr und das Bavarische Weniger


Es ist nicht zwingend, dass Singer und Songwriter ihre Konzerttermine beim Stil-Wirt in Wolnzach auf ihren Geburtstag legen. Phil Vetter hat es getan und präsentierte mit Drummer und Bassisten sein brandneues Album „Karate“, eingebettet in Gewöhnung fordernde Neuinterpretationen der Lieblingsstücke aus seinen vorangegangenen Produktionen.
Wohl etwas angekratzt vom leichten Schock, der selbst professionelle Musiker ereilt, wenn sie an ihrem Geburtstag auf mehr als vier Jahrzehnte zurückblicken, betrat Phil Vetter in der Gaststube an der Wendenstraße die Bühne, von den selbstständigen Klängen des elektronischen Keyboards gelockt, und versuchte, das Genre der singenden Songwriter auf eine neue Ebene zu heben. Mit seiner Band, vor allem mit technischen Mitteln, wob er an einem facettenreichen, variable Stilmittel variantenreich einsetzenden Pop-Werk, das als Klangteppich mehr laut als leise aus der autochthonen Welt der schreibenden Sänger floh.

Am Boden gehalten wurden Vetters Songs von Wompmasta MC an den Drums, der mit den Sticks präzise auf Fellen und Becken rührte, und von Francisco Perez Mazon. Der Argentinier, hochaufgeschossen wie die Saiten seines Instruments und wohl deshalb auf den Namen „Flaco“ hörend, entlockte seinem Bass jene nötige Beruhigung, die schleudernde Teppiche vor dem Untergang bewahrt.

Am überzeugendsten zeigte sich Phil Vetter, wenn er sich auf Balladeskes besann, John Lennons „Imagine“ zitierte und mehr seinen Fingern auf den Tasten als den elektronischen Kapazitäten seines Keyboards vertraute. Und dass Gitarren-Soli aus dem Play-Back-Stage-Bereich erklingen, ohne dass ein entsprechender Musiker auf der Bühne agiert, gehört ins Reich des elektronischen Schnickschnacks verwiesen, wo dergleichen Firlefanz von einer melancholischen, aber inspirierten Singer-und-Songwriter-Performance träumen kann.
Dass Stil-Wirt Georg „Muskel“ Appel nach dem Geburtstagsständchen noch zur Mundharmonika griff und zum heftigen Blues-Rock auf die Bühne kam, war der Höhepunkt eines Konzertes, das hoffen lässt auf neue, individuelle, persönliche Ideen, und so, wie wir Phil Vetter kennen, präsentiert er im nächsten Jahr einfach ein bisschen weniger Vetter und wieder ein bisschen mehr Phil.



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