Normalerweise – „omaleis“, spräche meine Tochter, wäre sie
noch zwei –, also normalerweise werden wir stutzig, wenn ein Abend mit der
Bayern-Hymne startet, nicht aber, wenn von der Oma bis zum Enkel alle
Altersklassen begeistert der Band „Luz amoi“ lauschen, die das Lied der Bayern
in einer schrägen, sanften, ja zärtlichen Version als Auftakt nahm für ihr
wunderbares Konzert im Deutschen Hopfenmuseum.
Eingebettet in die Tradition alter bairischer Lieder präsentieren
die fünf Musiker um den Percussionisten Stefan Pellmaier eine Liebeserklärung
an die Heimat, die musikalisch die ganze Welt umfasst. Auf mehr als 30
Instrumenten – vom Hackbrett über Steelpan und Marimbaphon bis zur Quetsch’n –
zeigen sie, dass Volksmusik global ist und weder langweilig noch antiquiert. Und
so wurde der Auftritt von „Luz amoi“ – auf gut Deutsch: „Hör doch mal zu!“ –
eine bunte Reise um die Welt, um einen Globus, der sich an diesem Abend locker in
die Herzen der Zuhörer schmiegte, eine Rundreise, die nie ihre bavarischen („Bavarese“
heißt übrigens die dritte und neueste CD der Band) Wurzeln verleugnete.
In einen Zwiefachen lässt Manuela Schwarz, eigentlich die Herrin
von Hackbrett und Harfe, ein klassisches Flamenco-Klatschen tropfen, wechselt
zwischendurch mal ans Schlagzeug, das von Haus aus Stefans Domäne ist, doch Stefan
Pellmaier verwandelt sein Akkordeon gerade in ein Bandoneon, um einen Tango zu
begleiten, der als Reminiszenz an die ur-bairischen Hoagartn aus der Kindheit
deklariert wird. Alles geht, alles vereint die Musik, und das Publikum ist
verzaubert, wenn Stefanie Pellmaier, die Geige, zwischendurch Saxophon spielt,
die Quetsche ein perfektes Schlagzeugsolo präsentiert und die Klarinette wieder
die Gitarre in die Hände von Johannes Czernik übergibt.
Beruhigend grooven als musikalisches Refugium E- und
Kontrabass von Dominik Hogl durch die Stücke, so dass nichts schief gehen kann,
wenn Stefan Pellmaier der Fasstrommel karibische Rhythmen entlockt und Johannes
Czernik im alt-bairischen „Fensterstock-Song“ moderne Dimensionen entdeckt. Und
es geht tatsächlich nichts schief: „Luz amoi“ lässt ungarische Zigeunermusik
ebenso brillant über die Bühne tanzen wie „Kalinka“ aus Russland, an der Hand
ein trauriges „Lidl ausm jiddischen Schtetl“. Irgendwann schleicht sich ins Bairische
eine Mariachi-Band mit dem „Porompero“, Johannes Czernik zitiert auf der
Gitarre John Mayall, des alten Bluesers „Room to Move“, der Defiliermarsch
kommt als Gypsy-Version, und „D’Sau“, das alte bairische Gitarren-Zupfer-Lied,
wedelt mit dem Schwanz in afrikanischen Rhythmen.
Zum Niederknien alles – und dann auch noch ein altes
bairisches Liebeslied, „Soi i bleim oda soi i geh?“, nur eine Gitarre, eine
Stimme, zwei Hände auf der tönernen Flasche, und Stefan Pellmaier als
Flügelhorn – wie ein zauberhaft melancholischer Sonnenuntergang, und ganz weit
hinten, im alles streichelnden Nebel, schmelzender Schnee auf dem Kilimandscharo, mitten in Bayern …
„Birisch“, bairisch und irisch, ging’s dann zu Ende, dieses
tolle Konzert im Deutschen Hopfenmuseum, und einer der anerkanntesten
Musikkritiker aus dem ruhmreichen Lande Bavarien, Seppi K., sprach, während er
sich im Foyer ein „Bürgerbräu naturtrüb“ orderte, den alles zusammenfassenden
Satz: „So schee“, sagte Seppi K. und machte eine bedeutungsschwere Pause, „so
schee hamma scho lang nimma g’lust“.
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