Sonntag, 11. März 2012

Bavarisch schräg und zärtlich, bairisch global

Normalerweise – „omaleis“, spräche meine Tochter, wäre sie noch zwei –, also normalerweise werden wir stutzig, wenn ein Abend mit der Bayern-Hymne startet, nicht aber, wenn von der Oma bis zum Enkel alle Altersklassen begeistert der Band „Luz amoi“ lauschen, die das Lied der Bayern in einer schrägen, sanften, ja zärtlichen Version als Auftakt nahm für ihr wunderbares Konzert im Deutschen Hopfenmuseum.

Eingebettet in die Tradition alter bairischer Lieder präsentieren die fünf Musiker um den Percussionisten Stefan Pellmaier eine Liebeserklärung an die Heimat, die musikalisch die ganze Welt umfasst. Auf mehr als 30 Instrumenten – vom Hackbrett über Steelpan und Marimbaphon bis zur Quetsch’n – zeigen sie, dass Volksmusik global ist und weder langweilig noch antiquiert. Und so wurde der Auftritt von „Luz amoi“ – auf gut Deutsch: „Hör doch mal zu!“ – eine bunte Reise um die Welt, um einen Globus, der sich an diesem Abend locker in die Herzen der Zuhörer schmiegte, eine Rundreise, die nie ihre bavarischen („Bavarese“ heißt übrigens die dritte und neueste CD der Band) Wurzeln verleugnete.



In einen Zwiefachen lässt Manuela Schwarz, eigentlich die Herrin von Hackbrett und Harfe, ein klassisches Flamenco-Klatschen tropfen, wechselt zwischendurch mal ans Schlagzeug, das von Haus aus Stefans Domäne ist, doch Stefan Pellmaier verwandelt sein Akkordeon gerade in ein Bandoneon, um einen Tango zu begleiten, der als Reminiszenz an die ur-bairischen Hoagartn aus der Kindheit deklariert wird. Alles geht, alles vereint die Musik, und das Publikum ist verzaubert, wenn Stefanie Pellmaier, die Geige, zwischendurch Saxophon spielt, die Quetsche ein perfektes Schlagzeugsolo präsentiert und die Klarinette wieder die Gitarre in die Hände von Johannes Czernik übergibt.

Beruhigend grooven als musikalisches Refugium E- und Kontrabass von Dominik Hogl durch die Stücke, so dass nichts schief gehen kann, wenn Stefan Pellmaier der Fasstrommel karibische Rhythmen entlockt und Johannes Czernik im alt-bairischen „Fensterstock-Song“ moderne Dimensionen entdeckt. Und es geht tatsächlich nichts schief: „Luz amoi“ lässt ungarische Zigeunermusik ebenso brillant über die Bühne tanzen wie „Kalinka“ aus Russland, an der Hand ein trauriges „Lidl ausm jiddischen Schtetl“. Irgendwann schleicht sich ins Bairische eine Mariachi-Band mit dem „Porompero“, Johannes Czernik zitiert auf der Gitarre John Mayall, des alten Bluesers „Room to Move“, der Defiliermarsch kommt als Gypsy-Version, und „D’Sau“, das alte bairische Gitarren-Zupfer-Lied, wedelt mit dem Schwanz in afrikanischen Rhythmen.

Zum Niederknien alles – und dann auch noch ein altes bairisches Liebeslied, „Soi i bleim oda soi i geh?“, nur eine Gitarre, eine Stimme, zwei Hände auf der tönernen Flasche, und Stefan Pellmaier als Flügelhorn – wie ein zauberhaft melancholischer Sonnenuntergang, und ganz weit hinten, im alles streichelnden Nebel, schmelzender Schnee auf dem Kilimandscharo, mitten in Bayern …

„Birisch“, bairisch und irisch, ging’s dann zu Ende, dieses tolle Konzert im Deutschen Hopfenmuseum, und einer der anerkanntesten Musikkritiker aus dem ruhmreichen Lande Bavarien, Seppi K., sprach, während er sich im Foyer ein „Bürgerbräu naturtrüb“ orderte, den alles zusammenfassenden Satz: „So schee“, sagte Seppi K. und machte eine bedeutungsschwere Pause, „so schee hamma scho lang nimma g’lust“.

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